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Allgäu erleben
Alpenüberquerung
 







vom traumhaften
Erlebnis .......






....... zum Albtraum





Am 27. Januar 2010 sollte es soweit sein. Die Voraussetzungen für unsere seit langem beim  Ballonfahrunternehmen SKYGATE, Jo Milbert, gebuchte Alpenüberquerung schienen gut zu werden.
Es war wohl Nordost-Wind vorausgesagt, weswegen der Startplatz für die beiden Ballons weiter östlich nach Oberwössen, in der Nähe von Reit im Winkel verlegt wurde. Zu diesem fuhren wir am Abend vorher noch mit 2 Fahr-zeugen und Anhänger. Auf der Fahrt erfuhren wir per Zufall, dass der zweite Pilot, ein aus Holland stammender, jetzt im Ruhrgebiet aktiver Ballonsportler, dem wir zugeteilt werden sollten, noch keine Alpenüberquerung mit dem Ballon gefahren hatte, Jo bereits über 30, was er auch immer wieder betonte.
Die Gaststätte, bei welcher wir zum Abendbrot angekündigt waren, hatte bereits geschlossen, der Wirt war nur sehr zögerlich bereit wieder zu öffnen.
Hier teilte dann Jo Milbert meinen Bekannten und mich als Passagiere für den 2. Ballon ein,
5 Passagiere waren bereits seinem Ballon zugeteilt. Die voraussichtliche Dauer der Fahrt gab er auf mein Befragen hin nochmals ausdrücklich mit 3 - 5 Stunden an.  Zwischendurch wurde immer wieder der Teamgeist beschworen: "Wir helfen uns gegenseitig!"

Als letzte vertrauensbildende Maßnahme wurde uns dann verkündet, dass jeweils 2 Passagiere sich eine Sauerstoffmaske teilen müssten, da es sonst zu Verwicklungen der Zuleitungen käme. Wie dies bei nur 2 Passagieren im Korb, der ohnehin keine Bewegungsfreiheit zuließ, der Fall sein sollte bleibt ungeklärt. In Zeiten der "Schweinegrippe" und verstärkter Diskussion über Impfung und erhöhte Hygieneanforderungen kann dies beim besten Willen nicht mehr lediglich als "Ferkelei" abgetan werden.
Dass keine besonders erholsame Nacht folgte, bedarf wohl keiner ausdrücklichen Erwähnung.
Nach einem ausgiebigen Frühstück im "Gästehaus Taubensee" (kann wirklich weiter empfohlen wer-den) ging es zum Startplatz. Die Vorbereitungen wurden zügig abgeschlossen. Ein dritter Ballon-fahrer hatte sich zwischenzeitlich unserer Unter-nehmung angeschlossen.




Start
27. Januar 2010
- 11:10 Uhr -


Sehr schnell (11:40 Uhr) hatten wir im Ballon D-ODUP unsere vorgesehene Fahrhöhe von 5000 bis 5500 m Höhe erreicht.
Die Temperatur lag bei minus 20 - 25 Grad Celsius.
Der Wind wehte mit 20 - 40 Knoten (40 - 80 Km/h) allerdings, wie gleich zu erkennen war aus Nord-Nord-West und nicht wie vorhergesagt aus Nord-Ost. Dies war an-deren Ballonfahrern wohl bekannt, was sich aus der Zahl von 26 Ballons schließen läßt, die in Richtung Wetterstein (NW) zu sehen waren und deren Funk wir teilweise mithör-ten.
Unsere Begleitfahrzeuge fuhren gleichwohl über den Brenner in Richtung Bozen.

Gegen 12:00 Uhr war der Alpenhauptkamm bereits erreicht. Vor uns das Kitzsteinhorn  und der Kapruner Stausee, im Hintergrund Großglockner und Großvenediger.  
Zügig ging es über der Großglockner-Hochalpenstrasse, den Mölltaler Gletscher, das Drau- und das Gailtal querend in Richtung Süden, genauer gesagt SüdSüdOst.



Über Österreichs höchstem Gletscherskigebiet, dem Mölltaler Gletscher (3122m)

Auch wenn immer wieder betont wird, dass es sich um ein Ballonfahrt handelt - die Zeit verging wie im Flug. Es war einfach beeindruckend. Weder die Kälte, noch das lange Stehen störten. Solange wir oben waren - Genuß pur!



Gegen 13:40 Uhr befanden wir uns bereits über den
"Karnischen Alpen". Hinten links unter dem Dunstschleier einer Inversions-wetterlage läßt sich schon die Adria erahnen, dazwischen lagen nur noch die "Julischen Alpen".

14:24 Uhr
Wie eingangs er-wähnt war eine Fahrdauer von 3 - 5 Stunden geplant.
Daraus läßt sich doch folgen, dass für mindestens 5 Stunden zuzüglich einer gewissen Reserve Gas an Bord sein muß.

Gefehlt!



Hier hieß es bereits nach 3 Stunden: "Wir müssen runter, das Gas ist alle."
Oben ist der letzte Gebirgsrücken zu sehen, den wir überwinden konnten, danach wurde in dem Seitental unten rechts ein Landeplatz angepeilt.

Von da an ging es wie mit einem Fahrstuhl abwärts. Als Landeplatz hatte unser Pilot die große Wiese links auf dem Bild auserkoren. Wir befanden uns auch schon unterhalb der Strasse zwischen den beiden Kreisen auf dem Bild, als uns wohl eine Windboe erfaßte und 125 Höhenmeter am bewaldeten Steilhang bis zu der auf der Bildmitte mit einem Kreis markierten Stelle durch Bäume und Büsche hoch schleuderte. Mal blieb der Korb oben in einer Baumspitze hängen und sackte später mit einem Schlag ein paar Meter ab, mal schlug er irgendwo auf bzw. an und drohte zu kippen. Um uns herum brachen Äste und Baumspitzen ab und flogen uns um die Ohren. Nach einer uns endlos vorkommenden Zeitspanne blieb der Korb gegen 14:30 in den Spitzen zweier dicht beieinander stehenden Bäume hängen, die Ballonhülle flatterte in Fetzen über uns. Ein paar Sekunden später sackte der Korb dann bis kurz über den Boden ab und kam zur Ruhe.

Den ersten Schock überwunden und den Korb, der auf der Steilhangseite abzukippen drohte, unverletzt verlassen hatten wir dann um 14:35 Uhr. Danach versuchten wir durch das weglose Gelände zur Straße zu gelangen. Vom Handy kam die Meldung: "Willkommen in Slowenien." Wir waren ca. 4 Km vor der italienischen Grenze, nahe Udine gelandet.

Im Dorf Podbela kamen wir 1/2 Stunde nach dem Unfall an. Hier herrschte bereits Aufruhr, ein Suchtrupp war unterwegs und wir wurden sofort zu einem Imbiss eingeladen. Die Hilfsbereitschaft war trotz Sprachbarriere einfach riesig. Innerhalb kürzester Zeit standen ein paar Männer mit Motorsäge ausgerüstet bereit um uns bei der Bergung des Gerätes zu helfen.

Um die Ballonhülle und den Korb zu bergen, mussten noch einige Bäume gefällt werden.
Die Ausrüstung blieb bis auf die Elektronik, die nicht bei der Bruchlandung über Bord gegangen war, über Nacht am Unfallort. Abends bei unserer Rückkehr ins Dorf standen heiße Getränke bereit, eine Hotelunterkunft in, Kobarid (ca. 10 Km entfernt) inklusive Abholung, war organisiert. Unser Verfolgerfahrzeug befand sich ja noch auf dem Weg quer durch Norditalien und kam erst gegen 23 Uhr bei uns an. Am nächsten Morgen schafften wir zu Viert ohne weitere Hilfe das gesamte Material einschließlich der Hülle und des Korbes, insgesamt viele hundert Kilo,  über 100 Höhenmeter durch steiles, wegloses und größtenteils bewachsenes Gelände.

Während der ganzen Aktion war von der durch Jo Milbert, der wohl nicht weiter als 100 KM entfernt gelandet war, vielfach beschworenen gegenseitigen Hilfe nichts zu merken.  Hilfe kam ausschließlich von vollkommen unbeteiligten Bewohnern des Ortes Podbela. Nicht mal eine persönliche Frage nach unserem Befinden bei einem von uns beiden Passagieren konnte er sich (bis heute) abringen. Bei diesem Unfall war es schlichtweg ein glücklicher Zufall, dass nicht mehr passierte.

Unabhängig von den organisatorischen und hygienischen Mängeln sowie dem schäbigen Verhalten des Veranstalters bleiben die

Fragen:

- Wie kann ein Veranstalter Passagiere einem im alpinen Bereich unerfahrenen Piloten zuteilen, ohne diesen durch rechtzeitige Information ein Wahlmöglichkeit zu lassen?

- Wie kann bei einer geschätzten Fahrdauer von 3 - 5 Stunden das Gas nach nicht einmal 3,5 Stunden ausgehen (Falschberechnung oder defekte Ballon-hülle)?

Eine Alpenüberquerung im Heißluftballon ist eine tolle Sache, birgt aber nun mal ein gewisses Restrisiko, darüber dürfte sich jeder Passagier im Klaren sein. 
Es ist aber die Aufgabe eines Veranstalters diese Restrisiko zu minmieren. Davon kann hier jedenfalls keine Rede sein. 

Sollte ich jemals wieder einen Ballonkorb besteigen, dann wird es keiner von SKYGATE-Ballonfahrten - Jo Milbert - sein.